Moin! Moin! Es regnet noch immer oder schon wieder. Werde zur Arbeit gehen und das Rasenmähen verschieben. Ein Deichschaf wäre nicht schlecht, das immer an verschiedenen Stellen angebunden wird, um das Gras kurz zu halten. Vier Wochen bist du nun schon tot. Da fällt mir das Lied von Reinhard Mey ein "wie vor Jahr und Tag liebe ich dich doch... " oder Grönemeyers "der Weg"
"Ich gehe nicht weg
Hab' meine Frist verlängert
Neue Zeitreise
Offene Welt
Habe dich sicher
In meiner Seele
Ich trage dich bei mir
Bis der Vorhang fällt
Ich trag dich bei mir
Bis der Vorhang fällt

In tiefer Trauer und unendlicher Liebe

Deine Tina

Mein Klaus... heute habe ich 9 Stunden gearbeitet. Gestern habe ich doch nicht Rasen gemäht... hatte Schüttelfrost und bin schon um 14 Uhr ins Bett gegangen. Das waren wohl die Nerven. Ganz elend war mir. Heute regnet es mal wieder. Du fehlst. Bratkartoffeln hatte ich zum Abend. Du fehlst überall. Diese wahnsinnige Leere die mich umgibt. In dir hatte ich eine Heimat gefunden. Nun bin ich wieder unbeheimatet. Da wo ich geboren wurde und mich zu Hause fühlte... durfte ich nicht aufwachsen. Als kleines Kind sah ich das als vorübergehend an... bis ich begriff daß es kein Zurück gab... wohlgefühlt hatte ich mich dort nie. Auch du warst unbeheimatet. So fanden zwei Strandgutseelen zueinander. Genau wie ich bist du viel umgezogen und herumgereist. Immer von A nach B. Am wohlsten fühlten wir uns auf Reisen. Heute hier.... morgen da... das war unser Leben... so oft es ging. Die Ebereschen werden rot... weißt du noch... der kleine See in Niedersachsen an der alten B1... da wuchsen die auch so schön... du weißt wo. Kastanien werden reif und fallen zu Boden. Die gab es da, wo ich aufwachsen mußte, auch zu Hauf. Seufz
Hab dich schrecklich lieb
Deine Tina

Hallo Klausito! Heute war ich früh im Garten. Der Schornsteinfeger wollte noch den Ruß aus dem Schacht entfernen. Gefegt hatte er schon vor Wochen, obwohl ich das heute hatte machen lassen wollen. Der junge Mann stieg aber von außen mit der Leiter - über alles - aufs Dach. Da aber der Knick vom Ofenrohr durch Rost undicht geworden war... war das nicht in meinem Sinne. Die entstandene Sauerei hatte ich Samstag schon beseitigt. Den Knick hatte ich schon vor Monaten neu im Baumarkt gekauft. Der nette Herrr, den ich per Handy an unseren Termin erinnern mußte, da er ihn total vergessen hatte, baute mir das Teil auch um. Gut daß ich das garnicht erst versucht habe. Das war ziemlich fest eingebrannt. "Das hat mein Klaus montiert" erzählte ich ihm und der hatte seine liebe Not das auseinander zu bekommen und das neue Teil mit dem alten Teil zu verbinden. Bei der Rentenstelle war ich auch. Die wollten einen Nachweis deines erlernten Berufes haben... z.B. einen Gesellenbrief. Von dir habe ich außer der Rentenversicherungsnummer diesbezüglich nichts... ist alles beim Hochwasser in Begues verloren gegangen... als der Hund jaulend mitten auf dem runden Wohnzimmertisch stehend... mit der Flutwelle weggerissen wurde... Zum Glück kam der Stunden später total erschöpft und beleidigt wieder zu uns nach Hause getorkelt. Habe wegen des Gesellenbriefes bei der Handwerkerschaft angerufen. Vielleicht finden die noch etwas im Keller. Die Dame war sehr nett dort. Sie versicherte mir, daß man dort nichts derartiges vernichten würde. Allerdings sagte ihr der Name deines Lehrbetriebes nichts.... und sie wäre "schon ewig" dort beschäftigt. Na toll. Hoffentlch habe ich mir das richtig gemerkt... was du mit damals erzähltest. Der habe ich was vorgeheult... sehe auch aus wie "gekotzter Appelbrei" ... und fühle mich sehr elend. Nachher werde ich wohl endlich Rasenmähen. Klausi... wir hätten früher heiraten sollen... nun ist alles Kacke. Der Sachbearbeiter an der Rentenstelle sagte mir, daß sich die Gesetze geändert hätten und er den Eindruck habe, daß man durch die Hintertür die Witwenrente abschaffen wolle. Seufz... so lange haben wir gewartet... zu lange... und überhaupt... alles ist Kacke ohne dich!
In ewiger Liebe
Deine Tina

Moin! Moin Klausi! Freunde riefen mich gestern Abend an... ob ich Lust hätte auf den Flohmarkt... heute früh um 6 Uhr hätte ich schon dort sein müssen. Ich sagte ab. Habe noch Schmerzen von der Gartenaktion gestern und Sinn sehe ich in den Flohmarktaktionen auch keinen mehr. Würde dort eh nur nach schwarzer Kleidung Ausschau halten. Dir, mein Liebling, kann ich eh keine Freude mehr bereiten... also wozu all den Aufwand? Weißt du noch... als ich im Stahlwerk arbeitete? Du standest mit dem Wohnmobil auf unserem Firmenparkplatz und hast mit Onda und Astor auf mich gewartet um nach Frankreich, Belgien oder Holland zu düsen. Freitagmittags war das... und du und die zwei Hunde pflückten Brombeeren. Wo ich früher wohnte nannten mich die Leute "Rotkäppchen und der Wolf" und gestatteten es mir, von ihren Bäumen Zwetschen und Kirschen zu pflücken... die ich entsteint meinem Astor zu fressen gab. Das Fallobst von Äpfeln und Birnen bekam er sowieso. Als wir einmal die Landstraße von Langres Richtung Norden fuhren... sahen wir viele Champignons auf den Weiden wachsen. Du wolltest erst nicht mit dem Wohnmobil anhalten und meintest man könne sich die Pilze im Laden kaufen. Dann tatest du es doch und wir kletterten über den Weidezaun. Astor und Onda warteten im Wohnmobil auf uns. Astor setzte sich auf meinen Sitz direkt am Fenster. Rasch pflückten wir eine Menge Pilze in eine Papiertüte. Ich hatte ein wenig Angst vor den neugierigen beigen Kühen. Aber dich störten die Tiere nicht. Mit dem Wohnmobil steuerten wir einen ruhigen Platz an, putzten die Pilze und bereiteten sie zu. Man war das ein Gedicht! Das Wohnmobil war von einem wunderbaren Duft erfüllt. Onda und Astor bekamen auch Pilze zubereitet jedoch nur mit Butter und Eiern ohne Gewürze. Die waren auch ganz begeistert. Dann erinnere ich mich wie wir in Frankreich immer den herrlich duftenden Edelginster bewunderten. Ein Sträußchen hatten wir von da an immer vorne mit dabei... in einer selbstgebastelten Halterung. ... Und herrlich duftende Heckenrosen gab es da... und Mirabellen auf den Parkplätzen... einfach so... und irre große schwarze Kirschen bei der riesigen Quelle Sorgue de Vaucluse... da bist du auf das Dach des Wohnmobiles geklettert um die zu ernten. Die Zeit war herrlich trotz meiner Sorgen wegen meines Exmannes, der mein Leben zu zerstören drohte. Jetzt, da ich deinen Zahnersatz vom Krankenhaus ausgehändigt bekam... besteht kein Zweifel mehr... das ist alles Vergangenheit und wiederholt sich nimmer mehr. Denn ohne deinen Zahnersatz wärest du im Leben nicht unter die Leute gegangen. Selbst ich sah dich nie ohne ihn. Igelbaby... ich vermisse dich. Wo immer du nun bist. Hab Dank für die schöne Zeit.
In ewiger Liebe
Deine Tina

Hallo Klausi! Heute habe ich mit Gartenfreundin Barbara auf dein Wohl angestoßen. Der Gewürztraminer war nicht so lieblich wie jener aus dem Elsaß und schon gar nicht wie der Moscatel aus Spanien und erst recht nicht wie jener von Filomena... aber o.k.... wir haben die Gläser gen Himmel gehoben und deiner gedacht. Mir schmerzen jetzt die Knochen von der Wühlerei im Garten. Also es wimmelt mal wieder vor lauter Engerlingen... die Erdwespen sind noch immer da und die Hornisse ist es auch... Du siehst... alles ist unbeeindruckt und geht so weiter wie zuvor. Nur du... du fehlst. Und das scherzt ungemein.
In tiefer Liebe
Tina

Heute bekam ich ein Paket deines Freundes aus Spanien. Fotoalben, Fotos, ein paar gerahmte Fotos, Landkarten, deine Handys, ein Geldbeutel ohne einen Cent Inhalt... komisch... persönliche Papiere, Urkunden, deinen Zahnersatz in einen verknoteten Müllbeutel gepackt mit Aufkleber vom Krankenhaus... etc. das ist nun alles was mir von dir geblieben ist. Um 22 Uhr 58 bist du laut Totenschein gestorben. Mir dröhnt der Kopf. Das soll nun alles gewesen sein? Ein so lieber Mensch wie du hat sich einfach in Nichts aufgelöst. Dein Handy lade ich auf. Aber ich werde das nie benutzen. Ich lege es zu all den anderen Sachen. Jeden Tag werde ich nun das Handy aufladen, so als lebtest du noch. Den anderen sage ich auch nichts davon. Es geht sie nichts an. Die haben sich auch sonst nie um mich oder gar um dich gesorgt. Neugierde und Sensationslust fand ich schon immer zum Kotzen. Ich weiß nicht ob ich heute wenigstens in den Garten gehen kann so verheult wie ich aussehe. Das Leben ist vorbestimmt. Das hinzunehmen fällt dennoch schwer.
Ich liebe dich.
Deine Tina

... wieder ist ein Tag ohne dich vergangen. Manchmal frage ich mich was ich mache und ob das alles überhaupt einen Sinn hat. Jetzt ist bald Quittenzeit. Den herrenlosen Quittenbaum hat man schon letzten Herbst abgeholzt. Du mochtest Quittengelee so gerne. Was wird bloß aus der Erdbeer- und später Kirschenzeit werden? Ich muß lernen damit umzugehen und das alles zu ertragen. Mein Kühlschrank hat seinen Geist aufgegeben. Ich werde ihn ausräumen, ausbauen und zum Sperrmüll geben. Nichts ist für die Ewigkeit sagtest du immer. Wie wahr. Du fehlst. Wie soll das bloß weitergehen? Niemals mehr kann ich dir eine Freude bereiten. Niemals mehr kann ich dich um Rat fragen. Niemals mehr kann ich zu dir fahren. Niemals mehr deine Stimme hören... Ich weiß nicht wie man das jemals verarbeiten kann. Manchmal denke ich daß es am besten ist niemals zu lieben. Dann ist man nicht so verletzlich. Auch sollte man nicht so viel konsumieren. So leben wie Mahatma Ghandi... nur ein Bett, ein Tisch, ein Stuhl, etwas Kleidung... etc. Nothing left to loose.
In unendlicher Liebe
deine Tina

Wieder ein Tag ohne dich. Es gibt Leute, die werfen mir vor, daß ich nicht bei dir in Spanien war als du starbst. Ausgerechnet die, die dich nicht bezahlten für die Reparaturen an ihren Autos, die du vornahmst. Die, die sich von dir "für umsonst" ständig von A nach B kutschieren ließen, weil Busfahren "nicht ihr Stil ist" und sich ihre Gefälligkeiten immer teuer bezahlen ließen. Andere drücken mir nicht einmal ihr Beileid aus. In was für einer Welt leben wir eigentlich? Gott weiß wie ich mit dir gelitten habe und was ich tat oder unterlassen habe. Du wirst immer deinen Platz in meinem Herzen behalten.
In ewiger Liebe
Deine Tina