Mitgefühl verfassen
Schreiben Sie an dieser Stelle einige freie Worte, drücken Sie Ihr Mitgefühl mit einem Gedicht oder Zitat aus, oder verfassen Sie einige persönliche Worte, wenn Sie den Verstorbenen kannten.

Eine Kerze für Annegret Militzke
Gestorben am 19.11.2021 in Holte-Lastrup
wurde von Horst Militzke eine Kerze entzündet.
Hallo Annegret, mein über alles geliebter Engel
Wie ist die Zeit vergangen, seit Du gestorben bist. Was hat diese Zeit mit mir gemacht?
Will kurz versuchen, Dir zu erzählen, wie ich die Lebensphase in diesem Jahr mit Trauer und Schmerz erlebt habe. Du kamst aus dem Krankenhaus und ich hatte mich riesig gefreut, Dich wieder bei mir zu haben. Vieles hätte ich noch mit Dir besprechen wollen, denn es schien ja so, als wäre dazu noch Zeit. Leider waren es nur noch einige wenige harmonische Stunden, die ich noch mit Dir verbringen durfte. Willig hast Du Dir am nächsten Morgen noch ein Joghurt geben lassen. Du gingst von mir, Deine letzten Worte waren „alles ist gut“. Bist dann ganz schnell und ohne große Vorankündigung von mir gegangen, so als wolltest Du mit Deinem Sterben kein Aufsehen erregen. Und dann das Erleben eines unbeschreiblichen Friedens an Deinem Totenbett. Du warst von mir gegangen und warst doch nicht fern. Deine Hand war noch warm und es war fast so wie sonst auch, wenn ich Deine Hand in der meinen hielt. Es war schön, dass ich so lange an Deinem Bett mit Dir sitzen und Deinen Frieden wahrnehmen durfte. „Nun ist alles aus!“, so schoss es mir durch den Kopf, als Du am nächsten Tag vom Bestatter abgeholt wurdest. Ein ganz schwerer Abschied und niemand war da, war bei mir, der mir hätte etwas Halt geben können. Hatte ich schon begriffen, was passiert war? Ich funktionierte nur und tat das, was nötig war. Die Tränen kamen erst später, aber dann reichhaltig und langandauernd. Von Anfang an wusste ich, dass ich mein Leben nicht an das der Kinder binden durfte. Ich war ganz sicher, dass dies Deinem Denken entsprach. Es galt, der Zeit ohne Dich einen Sinn zu geben. Wusste aber nicht, wie ich es machen sollte. Ich hielt monatelang das tägliche und nächtliche Alleinsein in unserer Wohnung nicht aus und erfuhr, Alleinsein ist gleichbedeutend mit Einsamsein. Du warst weg, aber so vieles von Dir war noch da. Das größte Vermächtnis, das Du mir hinterlassen hast, ist Deine unbeschreibliche Ruhe und Gelassenheit. In dieser Ruhe konnte ich atmen, konnte ich mich finden, konnte ich der kommenden Adventszeit entgegensehen. Unendlich viele Kerzen haben die erste anbrechende Adventszeit hell werden lassen. Deine Decke lag noch auf Deinem Platz auf dem Sofa, er wurde zu meinem Platz und wie selbstverständlich hüllte ich mich in Deine Decke ein, sie wärmte mich statt Deiner. Ich benutze sie heute noch. Auf Deinem Platz auf dem Sofa betete ich, las in der Bibel, dachte nach und wurde immer wieder ganz ruhig. Alles in meinem Leben war langsamer geworden. Die Trauer äußerte sich oft in Verzweiflung, aber auch in einer großen Gelassenheit. Nach und nach wurde mir bewusst, dass unser gnädiger Gott Dein Weggehen schon Monate vorher schrittweise in mir vorbereitet hatte. Schmerzlicher als Dein Heimgehen in die Ewigkeit war die Zeit Deiner schweren Krebskrankheit. Dies erkannte ich immer deutlicher. Der Friede und das leise Lächeln auf Deinem toten Gesicht hatte mir die Gewissheit geschenkt, dass Du an Deinem Ziel angekommen warst. Ich hatte nicht über Trauerkleidung nachgedacht. Trotzdem wurde die Farbe schwarz mir für Monate zu der vertrautesten. Sie war Zeichen dafür, dass Du nicht mehr an meiner Seite bist, Du, mit der ich am tiefsten verbunden gewesen bin. Nachts ging ich mit der Strickjacke, die Du während der letzten Jahre zu Hause getragen hast, ins Bett. Wie selbstverständlich war es dasjenige, in dem ich in all unseren gemeinsamen Jahren in Deinen Armen oder Hand in Hand eingeschlafen bin. Das erste Trauerjahr war für mich eine ganz besondere Zeit, es hat seine eigene Qualität und Würde. Im Rückblick erkenne ich, es war ein heilsames Jahr. Und dann kam die erste Weihnachtszeit ohne Dich. Ging oft in die Kirche. Nach dem Gottesdienst war ich aber wieder allein und einsam. Wie an all den anderen Abenden seit Deinem Weggang hörte ich Lieder über Trauer, aber auch Weihnachtslieder und schrieb Briefe. Es waren Gedenk- und Dankesbriefe an Dich. In jedem Brief ließ ich all die Erinnerungen der gemeinsamen Jahre mit Dir an mir vorüberziehen. Die Erinnerungen wurden lebendig und mit ihnen warst Du bei mir. Weihnachten hatte ich bei Dirk und Heike verbracht. Sie haben sich rührend um mich gekümmert, aber es war nicht so unbeschwert, wie bei uns. Erinnere mich an unsere gemeinsamen Weihnachtstage. Besonders an unsere letzten gemeinsam verbrachten Weihnachtstage….. wunderschön, ja vielleicht waren es die schönsten unserer gemeinsamen Zeit. Du saßest auf Deinem Platz auf dem Sofa, ich legte meinen Kopf auf Deinen Schoß, hast meinen Kopf gestreichelt und wir hörten bei einem Glas Wein Musik. Alles war unbeschreiblich friedvoll. Eine nahezu heilige Ruhe umgab uns beide. Komisch, aber daran erinnere ich mich nun an dem ersten Jahr nach Deinem Weggang. Es tat unendlich gut, mit dem Frieden und der Ruhe zu leben, die Du mir hinterlassen hattest. Das erste Trauerjahr ist eine ganz besondere Zeit, es hat seine eigene Qualität und Würde. Im Rückblick erkenne ich, es war ein heilsames Jahr. Ich ließ die Zeit mit Dir immer wieder an mir vorüberziehen. Langsam reifte in mir die Erkenntnis, dass es nicht selbstverständlich war, das wir in immer glücklicher werdenden 50 Jahren miteinander leben durften. Die Dankbarkeit darüber ließ bei mir jede Klage verstummen. Oft habe ich Dich in dieser Zeit auf dem Friedhof besucht, er wurde mir zu einem vertrauten Ort. Auch war ich schon an vielen Orten, an denen ich Jahre vorher mit Dir unbeschreiblich glücklich gewesen bin. Deinen Arm um meine Schultern vermisste ich schmerzlich, und doch warst Du mir nicht fern. Ich ging Wege, die ich an Deiner Hand gegangen bin und ich sprach mit der netten Frau Angelika Karrasch vom Plöner Hof, unserem gemeinsam geliebten Hotel. Sie hatte Jahre vorher in ähnlichem Alter ihren Mann verloren. Miteinander erinnerten wir uns an Dich und es tat gut, zu hören, mit welcher Hochachtung sie von Dir sprach. Ein Jahr des Erinnerns. Ein Jahr der Ruhe war das Trauerjahr. Aber alles hat seine Zeit, so sagt es schon der Prediger Salomo. „Weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit ...“ Es wäre nicht in Deinem Sinn, wenn ich an der Trauer festhalte, mich weiter in sie verkrieche. Und so kommt nach dem Jahr der Trauer ein neues Jahr. Ein Jahr des langsamen Vorwärtsgehens. Was Du mir all die Jahre gegeben hast, das lebt in mir und alles von Dir ist unauslöschlich in mir und wird mich bis an das Ende meiner Tage begleiten. Die Jahre an Deiner Seite haben mich geprägt, haben mich zu einem Teil von Dir werden lassen. Und doch lenkte gerade das Trauerjahr meinen Blick auch weit zurück. Es lenkte ihn zurück zu unserem Anfang. Dies bedeutete, dass ich mich auch der Schuld unserer gemeinsamen Vergangenheit stellen musste. Einer Schuld, die Teil unseres Lebens ist und unauslöschlich zu uns beiden gehört. Heute weiß ich, dass auch dieses Schuldigwerden notwendig war. Ausgedrückt fand ich dies im Buch von Anselm Grün, mit dessen Worten ich es hier wiedergeben will, er schreibt: „Gott erzieht uns gerade auch durch unser Versagen, durch unseren Abfall. Da führt er uns auf den Weg der Demut, der allein zu Gott führt. ... Alles hat einen Sinn, auch meine Leidenschaften, auch meine Sünden. Sie weisen mich stärker als meine Disziplin auf Gott ...“ Diese Worte sind für mich wie ein Spiegel, in dem ich mich selbst erkenne. Unser Leben war, wie es war, es war unser Leben! Es war mit allen Tiefen und Höhen wunderschön. Ich möchte von diesem Leben keinen einzigen Tag missen, denn es waren Tage an der Seite einer wunderbaren Frau. Es waren Tage mit Dir! Der Gott, der Dich mir zur rechten Zeit geschenkt hat, er hat Dich mir auch zur rechten Zeit genommen, denn es war beides seine Zeit. Dieser Gott hat mir Kraft für die Zeit der Trauer gegeben und er wird auch die Zukunft erfüllen. Das Gebet ist für mich im Laufe dieses Jahres nach Deinem Weggehen wieder mehr ins Zentrum meines Lebens gerückt. Ich habe gelernt, wieder auf die Knie zu gehen. Auch während unserer Ehe gehörte das Gebet zu unserem Leben. Wir beteten zu Tisch, wir lehrten unsere Kinder beten und jeder von uns betete für sich, aber wir beteten nicht miteinander. Das zweite Jahr nach Deinem Weggehen bricht an. Dass etwas anders in mir geworden ist, merkte ich an meiner Reaktion auf ein mir von einem Freund zugesandten Wort aus der Bibel. Es heißt darin: „Unsere Toten sind nicht abwesend, sondern unsichtbar. Sie schauen mit ihren Augen voller Licht in unsere Augen voller Tränen“. Lange dachte ich darüber nach und erkannte, meine Augen sind nicht mehr immer voller Trauer. Die Trauer hatte ihre Zeit und das war gut so. Was kommt, weiß ich nicht. Eines aber weiß ich, Dich freut es, dass meine Augen nicht mehr so voller Trauer sind. Ich liebe Dich noch immer grenzenlos und ich danke Dir für Deine Liebe. Aber Tränen habe ich heute wieder in meinen Augen. Stehe heute hier bei Dir am Grab, ein Jahr seit der Beisetzung ist schon vergangen. Für mich war es der schlimmste Tag, seitdem ich denken kann. Vergessen kann ich den Tag nicht, deswegen bin ich hier. Dort stand Dein Bild, da Deine Urne und die Kerzen. Es war kein Traum, nein es war Realität. Gott hat Dich als einen seiner Engel gewählt und zu sich gerufen. Du bist an diesem Tag heimgekehrt zu Deinem, zu unserem Gott. Mein Blick richtete sich wieder in Richtung Winterhimmel. Passend zur Jahreszeit wehte wie vor einem Jahr der Wind wieder ein Blatt vom Baum. Von den noch vorhandenen Blättern war es eines. Das eine Blatt, man merkte es kaum, denn eines ist ja angeblich keines. Doch dieses eine Blatt allein war Teil von meinem Leben, ja, es bestimmte mein Leben. Drum wird dies eine Blatt allein mir immer, immer wieder fehlen. Dies sind Worte aus einem Gedicht von Hermann Hesse, die auch in meiner Trauerrede vorkamen. Ja, nun stehe ich wieder gedankenverloren hier. Leise rieselt der Schnee an diesem kalten Tag. Oder kommt er mir nur so kalt vor? Heiße Tränen der Trauer und der Liebe zu Dir kullern wieder über meine Wangen. Sie fallen auf Dein Grab, bilden kleine Löcher im Schnee. Ich frage mich gerade, was Du wohl so machst. Ich rede zu Dir, denn ich weiß, Du hörst mir zu und ich kann Dir alles sagen. Ich denke, Du kannst mich hören oder sogar sehen, weil ich oft Deine Stimme höre, wenn auch nur in meinen Träumen. Ich möchte, dass Du weißt, dass es nicht leicht für mich ist, immer hier bei Dir zu sein. Der weite Weg, die lange Fahrzeit und dann fehlt mir das Geld für Benzin. Eigentlich möchte ich jeden Tag hier sein, aber ich schaffe es höchstens einmal im Monat. Hätte nie gedacht, dass ich auch noch einen Teil der Altersarmut erleben muss. Bin aber Weihnachten wieder hier, spare eben an anderer Stelle. Ich weiß, Du bist hier bei mir, unsichtbar. Schaust Du auch mit Deinen Augen voller Licht in meine Augen voller Tränen? Stehe schon lange hier. Meine Hände sind kalt und mein Körper zittert. Muss wohl die Kälte sein. Die mitgebrachten roten Rosen werden auf Deinem Grab jetzt langsam Weiß, Schneeflocken streicheln mein Gesicht. Ich warte auf Dein Zeichen, das Du mir hier mit den Schneeflocken sendest. Ich werde Dich nie vergessen, Du bleibst ein Teil von mir. Ich vermisse Dich so sehr, Du bist hier bei mir im Herzen und um mich herum. Ich liebe Dich, meine Liebe zu Dir hört niemals auf. Du lebst in meinen Gedanken, in meinem Herzen und in meiner Liebe weiter. Ja, Du lebst in meinem Gedanken. Es gibt keinen Augenblick, in dem ich nicht an Dich denke. Jedes Klopfen meines Herzens ist verbunden mit Dir. Meine Liebe ist eine Brücke von hier zu Dir, für immer. Werde mich jetzt langsam verabschieden müssen. Habe ein Blatt von Deinem Baum, das hier auf Deinem Grab lag, mitgenommen. Ja der Baum ist auch mein lieber Baum, wo in seinen Wurzeln (auf die er sein Leben und Gedeihen aufbaut) eingebettet meine Liebste ruht. Unzählbar vielen Tränen an seinem Stamm hat er schon aufgenommen. In seinen Blättern spiegelt sich die Vergänglichkeit, im Herzen die Unsterblichkeit der Seele, ja, aber auch der Liebe. Du bist nun auch ein Teil vom Baum, und so erhalte ich mit dem Blatt ein Teil von Dir. Der Wind wirbelt die Schneeflocken durcheinander und ich wünsche mir, dass er diese Zeilen zu Dir trägt. Eins verspreche ich Dir: immer wenn ich meine Hände falte und bete, danke ich Gott dafür, dass ich mit Dir so eine schöne Zeit so lange zusammen sein durfte. Wenn ich die Hand auf meine Brust lege, fühle ich den Herzschlag, der auch jetzt Deiner ist, denn Du bist für ewig in meinem Herzen. Heute lebe ich jeden neuen Tag so, als wär’s mein letzter. Dankbar gehe ich den Weg, den Jesus mir zeigt, den Weg der Demut und hoffe, er führt mich zu Gott.
Ruhe in Frieden, Du, herzliebste Annegret
In ewiger Liebe Dein Dich liebender Horst