Mitgefühl verfassen
Schreiben Sie an dieser Stelle einige freie Worte, drücken Sie Ihr Mitgefühl mit einem Gedicht oder Zitat aus, oder verfassen Sie einige persönliche Worte, wenn Sie den Verstorbenen kannten.
Eine goldene Kerze für Rainer Bicker
Gestorben am 03.06.2010 in Karlsruhe
wurde von Sonja Weiß eine Kerze entzündet.
Rainer war ein ganz lieber Mensch.
Es gibt Menschen, die dieses Prädikat für sich beanspruchen ohne es zu sein, Rainer hat das nicht beansprucht und war es doch.
Wenn ich ein Problem hatte, brauchte ich nur bei ihm anrufen, er hat geduldig zugehört und seine Meinung dargelegt. Meistens habe ich dann gesagt „Rainer, das kann nie und nimmer zutreffen!“ Meistens geschah es so, wie er es vorhergesagt hatte.
Rainer war immer sehr hilfsbereit. In Karlsruhe hat er wochenlang die Waschmaschine seiner Nachbarin auseinander genommen, den Motor zerlegt, repariert und modernisiert und alle Ersatzteile selber bezahlt, damit sich die alte Dame von ihrer schmalen Rente keine neue Waschmaschine kaufen musste.
Rainer hat meiner alten kranken Nachbarin den Ablauf der Küchenspüle repariert. Das klingt harmlos, aber die Nachbarin ist so unsauber, dass Rainer mit dem Brechreiz kämpfen musste. Trotzdem hat er durchgehalten und den Ablauf frei geräumt.
Noch kurz vor seinemTod hat Rainer meinen Sessel mit Massagefunktion instand gesetzt, bei dem ich die Kabel herausgerissen hatte, und er hat alles so eingebaut, dass ich nichts mehr herausreißen kann. Ich bin bereits einige Male über die Kabel gestolpert, aber der Sessel funktioniert.
Nächtelang hat Rainer meine Computer gewartet. Ich war längst im Bett, da hat er bis vier Uhr morgens an meinen Rechnern gearbeitet, links die Salamibrötchen, rechts die Flasche Rotwein, in der Mitte Rainer, Programme auf- und abspielend.
Rainer war ein technisches Genie. Wenn er etwas reparieren wollte, dann - nach seinen eigenen Worten – dachte er sich, wie das funktionieren sollte, reparierte entsprechend – und das Teil funktionierte. Das wäre mir nie so gegangen, da hätten sich schon irgendwelche Schrauben nicht lösen lassen und durch die Elektronik wäre ich gar nicht durchgestiegen.
Früher habe ich mit Rainer endlose Spaziergänge gemacht. Einmal wollten wir in Karlsruhe abends bis zum Heizkraftwerk Mitte wandern, das waren etwa 5 km, und wir sind gewandert und gewandert, bis wir am Heizkraftwerk herauskamen. Das war dann aber das Rheinhafen-Kraftwerk, etwa 15 km entfernt. Da hatten wir uns vertan. Uns blieb nur der lange Rückweg: Gegen drei Uhr morgens waren wir wieder zu Hause.
Bei seiner Arbeit hat es Rainer nicht immer einfach gehabt. Einer seiner Kollegen hat versucht, ihn zu mobben; der hat es taktisch geschickt angefangen, indem er bei passender Gelegenheit sarkastische Bemerkungen über Rainer losgelassen hat, erst im Kollegenkreise, dann gegenüber den Kunden, zuletzt auch gegenüber dem Chef, der gottseidank Rainers Qualitäten erkannt hatte. Rainer konnte sich gegen so etwas schlecht wehren, rhetorisch war er nicht besonders gut.
Rainer hat den offenen Konflikt vermieden, aber es hat ihn sehr belastet, und er ist eine Zeitlang sehr ungern zur Arbeit gegangen und sich bemüht, ein Zusammentreffen mit diesem Kollegen möglichst zu vermeiden.
Rainer konnte ganz toll mit Kindern umgehen. Meine Nichten haben ihn geliebt. Er war ganz geduldig, einfühlsam und wusste, wie man auf die kindliche Psyche eingeht. Rainer wäre ein ganz toller Vater gewesen, einer, der nachts mit einer Horde hungriger, verdreckter, glücklicher Kinder ebenso verdreckt, hungrig und glücklich wieder auftaucht. Die Mutter der Kinder hätte einen Schreikrampf bekommen, aber die Kinder hätten eine tolle Kindheit gehabt.