Mitgefühl verfassen
Schreiben Sie an dieser Stelle einige freie Worte, drücken Sie Ihr Mitgefühl mit einem Gedicht oder Zitat aus, oder verfassen Sie einige persönliche Worte, wenn Sie den Verstorbenen kannten.
Eine goldene Kerze für Carolin Gruber
Gestorben am 06.11.2016 in Endingen
wurde von Nachdenklich eine Kerze entzündet.
Dieser schreckliche, widerwärtige Mord an Carolin hat mich verändert.
Warum gerade er, warum jetzt? Ich weiß es nicht.
Es gibt viele Antworten, oder auch keine.
Ich bin nicht mehr so, wie ich war.
Vieles in meinem Leben hat seine Leichtigkeit, seine Unbeschwertheit
und Offenheit verloren.
Ich bin nachdenklich, vorsichtig und misstrauisch geworden.
Ich fühle mich schlecht, schlechter als jemals zuvor in meinem Leben.
An vielen Tagen, dem Heulen näher als allem anderen.
Ich fühle mich hilflos und ausgeliefert.
Und ich bin wütend.
Auf mich Selbst.
Auf alles und auf jeden.
Vor allem aber auf unsere eiskalte, gleichgültige, ignorante und verrohte Gesellschaft,
im Allgemeinen und im Besonderen.
Man kommt sich vor, als lebe man mitten in „Dantes Inferno“,
und habe gerade einen der Höllenkreise betreten.
Jeden Tag sorgt man sich um die Familie.
Man bleibt in Kontakt, bis alle dort sind, wohin sie wollten.
Auf dem Rückweg genauso.
Angst um mich selbst? Im Moment überwiegt mein Zorn.
Ich habe mich bewaffnet, bis an die Zähne, mit allem was erlaubt ist
oder auch nicht.
Das ist mir egal.
Ich weiß, meine Chancen wären bei einem Angriff gleich Null.
Wenn es soweit kommen sollte, dann werde ich mich wehren
und alles tun was ich kann, mit allen Mitteln,
um vielleicht diesem Viehzeug zu entkommen.
Ich trage eine Wut und einen Zorn in mir,
dass es mich beinahe zerreißt.
Soweit ist es gekommen, soweit sind wir schon.
Soweit bin ich.
Ich erkenne mich manchmal nicht wieder.
So war ich nicht, so wollte ich nie sein.
Wann hat das alles begonnen?
Kriegen wir denn gar nichts mehr mit?
Was hat uns so betäubt, so abgestumpft?
Haben wir keine Werte, keine Würde
und keine Ehre mehr?
Wo ist der Respekt voreinander
und vor dem Leben geblieben?
Wohin ist unsere Vernunft verschwunden,
unser Stolz auf unsere Freiheit?
Wohin ist unser Mut, den wir bräuchten,
um das zu verteidigen, was zu uns gehört?
Wir alle sind mitschuldig an diesem und allen anderen Verbrechen
der letzten und der kommenden Wochen und Monate,
denn wir ertragen sie schweigend.
Überhaupt sind wir viel zu still.
Wir hätten es wissen müssen, hätten es sehen müssen,
es bemerken müssen.
Doch auch ich habe alle Zeichen ignoriert, zu lange weggesehen
und geschwiegen.
Es kommt eine Katastrophe auf uns zu.
Es wäre fatal, es zu leugnen.
Wir alle sind betroffen, wir alle hätten und werden etwas unternehmen müssen,
ganz egal was.
Haben wir denn wirklich alle geschlafen?
Was ist denn nur mit uns passiert?
Wann haben wir angefangen die Realität zu verleugnen,
sie zu verdrängen und zu verweigern?
Ich weiß es nicht.
Natürlich ist es so viel bequemer, leichter und unproblematischer.
Ja, es wäre so einfach zu sagen:
das ist eben Euer Schicksal, ein bedauerlicher Einzelfall,
und dann drehe ich mich um, sehe weg und lebe mein Leben weiter.
Doch wie lange noch?
Wann ist die Nächste dran?
Werde ich es sein?
Würde ich es schaffen, noch immer die Realität auszublenden,
ginge mein Leben weiter, fast wie zuvor.
Das Leben aller anderen geht weiter, aber Euer Leben nicht.
Keine Ehefrau mehr, kein gemeinsames Leben mit Kindern
und zusammen alt werden;
keine Tochter mehr, keine Schwester, Enkelin, Schwiegertochter,
Nichte, Cousine oder Freundin.
Für immer vorbei.
Nichts ist mehr so wie es war, wie es hätte sein sollen,
wie es hätte sein können, wie Ihr es verdient hättet.
Ich kann nicht mehr wegsehen, auch wenn es besser und leichter wäre,
für meine Familie und für mich.
Es ist nicht so, als hätte ich es nicht schon versucht, das gebe ich zu,
aber mir ist, als würde ich Carolin und all die anderen Opfer
und ihre zutiefst verletzten Familien im Stich lassen.
Als würde ich resignieren, als würde ich aufgeben,
auch ein Stück weit mich selbst.
Das kann ich nicht. Das will ich nicht.
Es geht einfach nicht.
Darum bin ich noch hier.
Ich denke, darum sind wir hier.
Ich weiß, ich kann an dieser Stelle, für all die Menschen sprechen,
die hier auf diesen Seiten sind.
Carolin ist in unseren Herzen und in unseren Gedanken.
Dort wird sie immer bleiben.
Irgendwann werden wir wohl alle weitergehen müssen.
Aber heute noch nicht.
Wir werden Euch immer begleiten, in unseren Gedanken und hier,
auf diesen Seiten.
Manchmal werden wir traurig sein, oder wütend und zornig.
Aber vielleicht werden wir, in einiger Zeit, auch wieder lächelnd hier sein.
Doch auch wenn wir gemeinsam endlich zur Besinnung kommen würden, wäre es,
trotz aller Erkenntnis und Einsicht, für viele zu spät.
Zurückblickend auf die Ereignisse der letzten Wochen und Monate,
und mit Rückblick auf unsere Vergangenheit,
wäre es vermessen zu glauben, dass wir dieses Mal
den Weg der Vernunft und der Wahrheit gehen werden.
Das muss uns allen bewusst sein.